Im Herzen der modernen Stadt Gerasa/Jerash wird in enger Kooperation mit jordanischen und französischen Partnern eine römische Thermenanlage erforschtDie Ostthermen von Gerasa gehören zu den größten Badeanlagen des römischen Orients.. Die Ostthermen, die als einziges Baumonument außerhalb des geschützten Antikengeländes inmitten der modernen Stadt liegen, gehören mit etwa 200.000 m2 Grundfläche zu den größten Badeanlagen des römischen Orients. In einigen Abschnitten sind noch bis zu zwölf Meter hohe Decken erhalten.
Im April 2016 erfolgte unter Mithilfe von syrischen Arbeitern der erste Spatenstich zur vollständigen Freilegung der sogenannten Nordhalle der Ostthermen von Gerasa. Schon nach einigen Tagen wurde die harte Arbeit durch einen Sensationsfund entschädigt: Auf der gegenüberliegenden Seite der Nordhalle trat die untere Hälfte einer kolossalen Marmorstatue zutage, die in Sturzlage vorgefunden wurde. Die Position der neben ihr liegenden Säulentrommeln deutete darauf hin, dass die Figur während eines Erdbebens umgestürzt und zu Schaden gekommen sein musste. Am 11. Mai 2016 erfolgte ihre Bergung unter Einsatz eines Krans.
Bei der anschließenden genaueren Untersuchung der Statue zeigte sich, dass das Grabungsteam ein außergewöhnliches Dokument der römischen Kaiserzeit sowohl in kunstgeschichtlicher als auch lokalhistorischer Hinsicht entdeckt hatte: Die untere Hälfte einer ursprünglich etwa drei Meter hohen Statue der nackten Aphrodite, die von ihrem Sohn, dem Liebesgott Eros, begleitet wird. Die Göttin ist im Begriff, ein auf den Boden geglittenes Tuch zwischen den geschlossenen Beinen mit der linken Hand emporzuziehen, um ihre Blöße zu bedecken. Durch eine mehrzeilige griechische Inschrift auf der Vorder- und rechten Seitenkante der Standplatte der Figur sind die historischen Hintergründe ihrer Errichtung überliefert: Zu Ehren des römischen Kaisers stiftete ein reicher, romtreuer Gerasener Bürger namens Demetrios, Adoptivsohn des Asklepiodoros, die Aphroditestatue zusammen mit deren Basis, Altar und Feuerstelle am 20. März 153/54 n. Chr. in einer Nische am ursprünglichen Aufstellungsort, der nicht bekannt ist. Erst zu einem späteren Zeitpunkt wurde die Figur von dort in die Ostthermen der Stadt gebracht.
Die Fundumstände dieses bedeutenden Bruchstücks geben Anlass zur Hoffnung, dass auch die noch fehlenden Teile der Statue bei zukünftigen Ausgrabungen in dem Areal sichergestellt und damit die qualitativ bemerkenswerte Figur vollständig ergänzt werden kann.